Kakao von gestern?

Shownotes

Die Anfänge der Schokolade reichen über 5.000 Jahre zurück und liegen im heutigen Ecuador. Von dort gelangte der Kakao zunächst nach Mittelamerika, wo er für die Maya und Azteken zu einem wichtigen Bestandteil ihrer Kultur wurde. Aus Kakaobohnen wurde nicht nur das kostbare Schokoladengetränk hergestellt, sondern sie dienten darüber hinaus auch als Zahlungsmittel. Später brachten die spanischen Eroberer Kakao und Schokolade mit nach Europa. In der Kolonialzeit war Schokolade ein wichtiges Statussymbol und bedeutendes Handelsgut. Die Folgen dieser Zeit wirken bis heute in unsere Gegenwart. Marika Liebsch unterhält sich mit den Gästen Thomas Schiffer (Historiker, Museumspädagoge im Schokoladenmuseum Köln) und Serge Palasie (Fachpromotor Flucht, Migration und Entwicklung beim Eine Welt Netz NRW e.V.).

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00:00:00:

00:00:03: Herzlich willkommen bei Chocolate Stories, dem nachhaltigen Podcast von Engagement Global und dem Kölner.

00:00:16: Schokolade Museum. Das besprechen wir mit den besten Schokoladen-Experten und Expertinnen in jeder Folge laden wir zwei ein.

00:00:28: Denn überhaupt für Probleme im Zusammenhang mit der Schokolade und was gibt es für Lösungsmöglichkeiten? Und was kann vielleicht jeder einzelne von uns auch beitragen.

00:00:38: Wie Schokolade, mit gutem Gewissen genießen können.

00:00:42: Das Thema von Chocolate Stories. Heute ist Kakao von gestern. Die Geschichte der Schokolade.

00:00:48: Und warum es auch so wichtig ist, sich heute mit der Geschichte der Schokolade zu befassen, das kann keiner besser erklären, als bei einer der beiden Gäste, die heute hier sind. Thomas Schiffer. Hallo Thomas.

00:00:59: Wir treffen uns bei diesem Podcast nämlich übrigens tatsächlich real an einem der besten Orte für einen Schokoladen-Podcast. Das ist das Schokoladenmuseum in Köln. Hier,

00:01:09: das eine wunderbare Ausstellung mit ganz viel Informationen rund um die Schokolade und Thomas, du arbeitest hier. Du bist auch beteiligt an dem Podcast und den Inhalten dieser ganzen Podcastserie,

00:01:21: Was ist denn an der Geschichte der Schokolade so spannend?

00:01:23: Schokolade ist ja ein Produkt, das jeder kennt und jeder mag. Ist ja keine Frage. Also mir ist noch nie jemand begegnet, der keine Schokolade mag. Aber ich glaube, die meisten sind sich nicht bewusst, dass Schokolade eine sehr lange Geschichte hat

00:01:35: 'ne 5000jährige Geschichte, die hinter diesem Produkt dann tatsächlich steckt und 'ne sehr wechselhafte,

00:01:42: Geschichte. Und ähm ich sage mal, wenn man Dinge verstehen will, die so heute in der Welt passieren, dann muss man sich einfach mit der Geschichte beschäftigen. Sklaverei

00:01:50: Kinderarbeit, sind ja katastrophale Bedingungen unter denen, Schokolade heute produziert wird. Und um die zu verstehen, muss man auch einfach in die Geschichte gucken

00:01:59: und die Hintergründe von dem, was wir heute haben, die liegen einfach auch schon 100, 150 Jahre oder noch länger zurück.

00:02:06: Weiß man auch, wer damals Zugang zur Schokolade hat, wer kannte die Schokolade? Wer hat die wie konsumiert? Weiß man das?

00:02:16: Also wie es jetzt genau vor 5000 Jahren aussah, ähm nicht, da weiß man nicht so viel, aber die äh Schokolade breitete sich ja so langsam äh von Süd nach Mittelamerika aus

00:02:26: und so die letzte große Hochkultur, das war die Kultur der Azteken. Ich weiß gar nicht, die meisten haben wahrscheinlich noch nie was von den Azteken gehört, alte.

00:02:34: Da wo heute Mexiko ist.

00:02:36: Mexiko ist genau, alte Griechen, alte Ägypter, kennt man irgendwie, aber die Azteke, das ist so die letzte große Kultur gewesen, bis die Europäer kam,

00:02:45: und für die Azteken, was Schokolade unglaublich wichtig.

00:02:48:

00:02:50: Murmelt.

00:02:52: Dem mächtigen Volk der Azteken gibt es noch ein paar wichtige Infos. Zwei Jahrhunderte lang, vom 14. bis zum 16. Jahrhundert entwickelten die Azteken im Gebiet des heutigen Mexikos eine hoch.

00:03:06: Gelang ihnen unter anderem, weil sie starke.

00:03:10: Nachbarvölker besiegten und unterwerfen. Die Hauptstadt der Azteken hieß und es wohnten ungefähr einhunderttausend.

00:03:20: Der Ankunft der Europäer wurde die Herrschaft der Azteken beendet. Wo einstmal die prächtigen Pyramiden standen, befindet sich heute Mexiko Stadt.

00:03:31: Waren geschickte Handwerker. Erfanden schwimmende Gärten als schlaue Anbaumethode für ihr Gemüse, schickten ihre Kinder zur Schule und sie machten die wertvollen Kakaobohnen zu ihrer Währung.

00:03:48: Also das war nicht einfach nur Alltagsprodukt.

00:03:51: Sondern Luxus, oder?

00:03:52: Genau, das war, war Luxus, das war nur bestimmten Kreisen der Bevölkerung vorbehalten. Es war kein Alltagsgetränk, so oder kein Alltagsprodukt, wie das heute für uns der Fall ist.

00:04:01: Und ganz lange, also ja ein paar tausend Jahre lang in Südamerika.

00:04:07: Ja, da wundert man sich heute, weil wenn man schaut, wo wird heutzutage Kakao angebaut, dann sind äh also,

00:04:13: über zwei Drittel der Welternte kommen aus Westafrika. Eigentlich kommt der Kakaobaum gar nicht aus Westafrika,

00:04:19: Also wenn die europäischen Kolonialmächte, Portugiesen, Engländer, Franzosen, den Kakaobaum nicht da angepflanzt hätten, wird's heute vielleicht gar kein Kakao in Westafrika geben. Nee, der bekommt eigentlich aus dem Amazonas-Gebiet,

00:04:34: und ist nur durch die Europäer über die Welt verteilt worden.

00:04:38: Wie ist denn der Kakao und warum ist der Kakao überhaupt nach Europa gekommen?

00:04:43: Ja, die Anfänge, ähm äh die liegen so ein bisschen im Dunkeln. Wir haben zwar dieses Jahr fünfzehnhundertvierundvierzig

00:04:49: Den Kakao nach Europa brachte. Aber Kakao war dann in Europa erstmal etwas Exotisches, etwas sehr äh spezielles, ne? Es gab ja damals die diese Kuriosität,

00:05:00: Kabinette, also das äh in den Adelshäusern oder in den Adelsmetropolen, Fürsten

00:05:06: scheinbar exotische, skurriles, sammelten und Kakao war quasi eins diesen Sachen. Und als der erste Kakao auch nach Europa kam, wusste man auch zunächst gar nichts damit anzufangen und hat dann ein bisschen gebraucht, bis man gemerkt hat, okay, das Ganze schmeckt

00:05:21: gut und es wurde dann quasi zu einem Prestigeprodukt, zu einem Luxusprodukt für den europäischen Adler. Es war dann irgendwann innen. Und wo quasi Schokolade

00:05:30: zu trinken. Allerdings haben die Europäer ja auch was gemacht, was man in den Ursprungskulturen noch nicht macht. Das ist vielleicht auch ganz interessant. Die Azteken haben ja ihre Schokolade scharf getrunken. Da kam ja Chili rein. Das Ganze war ja scharf gewürzt.

00:05:43: Und die Europäer änderten quasi die Zusammensetzung der Schokolade und Chili wurde durch Zucker ersetzt. Und dann wurde Schokolade süß,

00:05:51: Ist ja auch was wir heute kennen, aber eigentlich hat man Schokolade, Jahrtausende lang scharf getrunken oder zumindest nicht süß getrunken, wie wir das heute.

00:06:00: Wir sind jetzt angekommen in dem Teil der Geschichte, wo

00:06:04: Schokolade in Europa bekannt wurde, beliebt wurde, begehrt wurde, süß wurde. Wir sitzen ja hier für den Podcast im Schokoladenmuseum auch an einem besonderen Ort, den du auch ausgesucht hast und zwar im Kolonialwarenladen. Also hier

00:06:18: eine alte Holztheke mit einer Registrierkasse drauf, es gibt Regale und Glasvitrinen mit Gewürzen, Tee, Zucker

00:06:26: was ich noch? Obst und Gemüse, ganz vielen Dingen. Welche Bedeutung hat der Kolonialwarenladen? Du hast ihn ausgesucht, Thomas.

00:06:34: Ja. Ja, also so ein äh ist kein einfaches Objekt. Also wir haben ja das ist ja jetzt so ein bisschen beschrieben. Also wir haben hier einen Kolonialwarenladen aus der Zeit um neunzehnhundert. Ähm der ist sehr schön. Wir haben hier Schokolade, Tee, et cetera,

00:06:48: Man kann sich vorstellen, wie es vielleicht mal um 1900 gewesen ist, in so einen Laden zu gehen.

00:06:52: Also so hat man tatsächlich eingekauft, oder?

00:06:54: Ding mal rein, genau, ähm wenn man es sich leisten konnte, ne, kaufte die Waren aus den Kolonien

00:07:00: und für uns ist das heute aber sehr wechselhaft. Also der Kolonialwarenladen, der steht hier schon so lange, wie es das Museum gibt, also jetzt seit über 25 Jahren und der ist für unsere Besucherinnen und Besucher, ist der, die finden den schön.

00:07:12: Ist ja auch erstmal schön.

00:07:14: Ist auch erstmal schön, aber für mich ist der eigentlich ein tolles Exponat, weil der hat ja auch nochmal eine zweite Seite

00:07:20: dass der Kolonialwarenladen, ich meine, der arme sagt's ja auch schon, was mit Kolonialismus zu tun hat und dass da ja auch 'ne Geschichte der Ausbeutung und so weiter, das sehen die Leute nicht

00:07:31: und auch diese schöne Produktschokolade, was alle mögen, hat halt eine Kolonialgeschichte,

00:07:37: Also die Geschichte der Schokolade ist eine Geschichte, der Ausbeutung, ne, sind Menschen misshandelt worden, da sind Menschen getötet worden im Laufe der Zeit. Bis heute,

00:07:46: Wissen wir ja. Sklaverei ist ja was, was nicht irgendwie nur in der Geschichte oder im Geschichtsunterricht eine Rolle spielt, sondern Sklaverei gibt's auch heute.

00:07:55: Sich das klar zu machen oder das mit unseren Besucherinnen und Besuchern auch

00:07:59: zu besprechen und zu erklären. Das ist eine große Aufgabe, die man's heute stellt. Deswegen ist der Kolonialwarenladenladen für mich hier auch so wichtig.

00:08:08: Ja, vielen Dank Thomas. Hier im Kolonialwarenladen neben mir sitzt noch unser anderer Gast heute, Serge Palasie. Sag mal, du hast

00:08:15: Afrikanistik studiert, lateinamerikanische Geschichte, du bist Fachpromoter für Flucht, Migration und Entwicklung und hast dir auf die Fahnen geschrieben, dass so eine breite Öffentlichkeit erreichen willst und auf die Ungleichheiten aufmerksam machen willst

00:08:30: 2tausend016 hast du sogar eine Ausstellung kuratiert, die hieß schwarz, ist der Ozean und da ging es darum

00:08:36: zu zeigen, was volle Flüchtlingsboote vor unseren Küsten, also vor Europas Küsten mit der Geschichte von Sklavenhandel zu tun haben.

00:08:43: Sagt man, es herrscht mit deinem Hintergrundwissen zur Kolonialgeschichte. Wie geht es dir hier? An dem Kolonialwarenladen?

00:08:51: Reine Ästhetik, die verbirgt sich auch nicht in meinen Augen, nur darf ich natürlich auch grade als Historiker nicht in der ästhetischen Dimension hängen bleiben,

00:08:59: weil es hat natürlich auch viel mit Verklärung und auch Romantisierung zu tun hat, also bis heute. Es gibt wirklich,

00:09:05: politische Akteurinnen, die noch immer ein Bild streuen, die Kolonialzeit habe, zum Beispiel Afrika aus archaischen Zuständen herausgeholt. Das ist eben nicht der Fall. Und das zeigt äh im Prinzip die europäische Expansion, Kolumbus und Co,

00:09:20: vor allem natürlich um die Expansion von ja Investitionsmöglichkeiten und die agrarischen Produkte, wo Kakao eines von ist,

00:09:28: spielten davon Anfang an eine wesentliche Rolle. Kolumbus fiel eben. Und äh der hat zwar, ne, mit der äh Kakaopflanze wohl eher,

00:09:36: am Hut gehabt, aber der brachte bei seiner zweiten Reise, dass Agrarprodukt der Zukunft überhaupt mit in die Amerikas und zwar Zucker.

00:09:45: Und der Zucker, ich bezeichne den mal als Facilitator auch für viele andere Produkte, unter anderem,

00:09:50: Kakao, der dann irgendwann mal, wie's ja grade gesagt worden ist, gesüßt den Eingang halt in die europäischen oder westlichen Konsumgewohnheiten gefunden hat. Also ohne Zucker sind viele andere Produkte.

00:10:02: Denkbar, dass sie dann diesen Siegeszug äh.

00:10:04: Auch die Schokolade nicht.

00:10:05: Genau, die den Siegeszug dann sozusagen durch eben die Süßung antreten konnten.

00:10:10: Vielen Dank Serge, ich glaube, da müssen wir tatsächlich noch mal so Schritt für Schritt noch mal vorgehen, weil der Anfang war ja tatsächlich, dass

00:10:19: der Kakao erstmal nach Europa gebracht wurde, dort der Bedarf immer größer wurde und was passierte dann?

00:10:27: In den Kakao produzierenden Ländern. Da wurde immer mehr Kakao nachgefragt, was passierte dann, Thomas?

00:10:34: Ja, ich denke, dass das Perfide ist ja, dass dass die Europäer hier Produkte übernommen haben, was eine Jahrtausendlange Geschichte hatte und äh was man sich dann sozusagen aneignete.

00:10:44: Die Europäer sind ja nicht nur hingegangen und ja haben quasi da ein Land besetzt, sondern haben ja die ganze Kultur dieses Landes oder das ganze Wirtschaftssystem in ihrem Sinne umgeändert. Und äh da gab's ja zum Beispiel dieses System der,

00:10:57: Also dass die Europäer sozusagen hingehen und teilen das Land vor Ort, was ja schon Menschen gehört, quasi unter ihresgleichen auf.

00:11:05: Also enteignen dort die Menschen, entmachten die und nehmen das Land.

00:11:09: Genau, die spanischen Eroberer, ähm, die jetzt nach Mexiko, nach Mittelamerika kommen, äh, die bekommen Land zugewiesen. Und nicht nur einfach Land, sondern auch die Menschen, die auf diesem Land leben. Diese Menschen müssen jetzt,

00:11:21: für die europäischen Kolonialherren äh arbeiten und die Bedingungen sind katastrophal vor Ort, die Menschen sterben,

00:11:28: sterben durch Krieg, durch Misshandlung, durch Krankheiten et cetera. Und die Arbeitskräfte, die den Europäern jetzt plötzlich fehlen, die werden dann von woanders hergeholt. So, die kommen aus Afrika

00:11:37: Sklaven, die dahin gebracht werden, um quasi dieses System am Laufen zu halten. Also Kakao und Zucker muss man auch eigentlich immer zusammenhängen, um quasi für Europa zu produzieren. Und es entsteht dann der sogenannte Dreieckshandel,

00:11:51: also quasi ein Wirtschaftssystem, das das Europa ausgelegt ist. So die Europa Air gehen hin, verschiffen Ware nach Afrika,

00:12:00: Waffen, Alkohol zum Beispiel, so Dinge. Das würde in Afrika gegen Menschen, gegen Sklaven getauscht, die dann wiederum nach Amerika äh verfrachtet werden und da auf den Plantagen arbeiten,

00:12:12: in den Bergwerken arbeiten und Waren produzieren, die dann nach Europa gehen,

00:12:17: Und da hat man, wenn man dann auf die Landkarte guckt, dieses Dreieck und alles ist ausgerichtet darauf,

00:12:23: Europa zu befriedigen, sei es Kakao, sei es anderer Agrargüter, sei es Silber, Bergbauprodukte also die ganze Weltwirtschaft machen die Europäer sich sozusagen Untertanen und richten das alles so nach ihren Bedürfnissen ein, ne?

00:12:37: Also das heißt, in der Kolonialzeit wurde ein Wirtschaftssystem geschaffen, das ganz auf die europäischen Bedürfnisse ausgerichtet war und das wirklich auch auf Sklaverei basierte.

00:12:48: Aber sag mal her, es wird uns doch auch immer erzählt, dass der Sklavenhandel verboten wurde, dass die kolonialen Verhältnisse Geschichte sind. Wie ist das denn?

00:12:56: Ja, so das Narrativ, ne? Und ähm damit äh kann man sich zumindest äh vormachen, Schwamm drüber, es ist eine abgeschlossene Geschichte, hat keine Relevanz mehr für die Gegenwart,

00:13:07: Und wenn man dieses Narrativ erfolgreich erzählen kann, dann schafft man's auch, dass Bürgerinnen sich nicht damit befassen und denken, ja, das, was ich konsumiere, kommt jetzt nicht mehr aus solchen Kontexten.

00:13:18: Es ist ein deutsches Spezifikum aufgrund unserer vermeintlich kurzen kolonialen Vergangenheit des deutsche Kaiserreich, hat sich ja erst 1871 als Nationalstaat gegründet,

00:13:28: die Jahrhunderte des ganzen transatlanischen Versklavungshandels, die verorten wir gar nicht sozusagen bei uns.

00:13:34: Wichtig finde ich nochmal zu besprechen, welche Rolle hat denn jetzt ganz konkret Deutschland in Bezug auf die Schokolade in der Kolonialzeit gehabt?

00:13:45: Ja, Deutschland spielte eine große Rolle. Deutschland und sogar auch Köln. Also, wir sind ja hier in Köln. Köln ist eine Hochburg gewesen, weil ja hier eine Schokoladenfabrik stand. Das ist die Firma Stollwerk gewesen.

00:13:57: Und die Firma Stollwerk äh ja die war ein großer Verfechter des Kolonialismus und äh Stolberg war einer der ersten Schokoladenunternehmen die in Kamerun, damals Deutsche Kolonie,

00:14:07: Plantagen gegründet und angelegt.

00:14:10: Und das Ziel ist es gewesen, eine deutsche Kolonialschokolade herzustellen, also eine, ja, in Anführungszeichen, deutsche Schokolade, aus deutschem Kakao,

00:14:19: Wir haben ja eben schon von den Kolonialwarenläden gesprochen und da war es tatsächlich das Ziel, in so einem Laden dann auch diese Schokolade zu präsentieren. Das können wir uns heute gar nicht mehr vorstellen, dass Schokolade damals so ein Prestigeprodukt war,

00:14:33: Also wenn man ja heute an Deutschland denkt, was was ist so ein Prestige,

00:14:37: dann denkt man an Autos oder was weiß ich, aber damals war's Schokolade und das war das Größte damals für die deutsche Regierung, für die deutschen Unternehmen, äh so eine eigene Schokoladebrillen zu.

00:14:48: Das heißt, sie sind richtig in so einen Wettbewerb eingestiegen mit den Spaniern und den anderen Kolonialmächten und haben gesagt, wir wollen jetzt auch noch unsere eigene Schokolade in einem aus einem Land, wo's eigentlich auch gar keinen Kakao gibt.

00:15:01: Ja, da hat sogar ähm es hat eine eine Ausstellung gegeben, wo Ludwig Stollberg, das ist einer, der der Besitzer dieser Firma Stolberg gewesen, äh den deutschen Kaiser traf,

00:15:11: Das ist 1908 gewesen, Kaiser Wilhelm den zweiten

00:15:14: Und Ludwig Stollberg hat dem Kaiser sozusagen versprochen, so eine deutsche Schokolade herzustellen, ne? Und wir haben ja eben auch schon davon gesprochen, Kakao kommt eigentlich gar nicht aus Afrika,

00:15:24: und man hat dann da vor Ort Plantagen angelegt und die Bevölkerung, die da vor Ort war, die ganz andere Dinge gemacht und ganz andere Dinge angebro.

00:15:33: Hat man dann quasi gezwungen, auf diesen Plantagen zu arbeiten,

00:15:37: So, anfangs hat man's tatsächlich versucht, mit Geld und so weiter, die Leute da zu gewinnen, aber das äh funktionierte nicht und hat sie dann später versklavt.

00:15:45: Jetzt reden wir bei Chocolate Stories ja deswegen über die Kolonialgeschichte, weil wir sagen, die hat halt einfach bis heute,

00:15:51: Auswirkungen und es gibt ein großes immer noch vorhandenes koloniales Erbe, das herrscht, wie ist das? Wo ist das koloniale Erbe? Wo sehen wir's oder wo sehen wir's nicht.

00:16:01: Ja, wenn wir bei Deutschland bleiben, dann haben wir einmal die sichtbare Dimension, also die man einfach sehen kann, wenn man durch seine jeweilige Stadt, durch das jeweilige Umfeld spaziert,

00:16:10: tausend Meter von ihr entfernt haben wir zum Beispiel die Reiterstatue von Wilhelm dem zweiten, letzter deutscher Kaiser, der auch ein Verfechter des Kolonialismus war,

00:16:19: nicht zu den Leuten, die sagen, jede Statue, jede äh Sache, die an die Zeit erinnert, muss.

00:16:24: Aber so eine Kontextualisierungstafel, wer da aus meiner Sicht schon mal angebracht, aber dann gibt's halt auch koloniale Kontinuitäten, die ums in drei Worten zu sagen, halt einfach,

00:16:34: subsumiert, sich in Handelsbeziehungen widerspiegeln, die sich im Bereich zum Beispiel auch Klimawandel und Wehr hat die Folgen, wie,

00:16:42: zu bewältigen, wiederfinden und aber auch äh Rassismus gegenüber nicht weißgelesenen Menschen,

00:16:49: eben leider Gottes nicht nur von ganz offen,

00:16:53: Personen ausgeht, sondern der halt weite Teile der Gesellschaft noch immer erfasst und da müssen wir auch mal Erinnerungspolitisch rangehen, um in Deutschland ein Narrativ zu entwickeln, mit dem sich auch weiterhin alle Bürgerinnen und Bürger identifizieren können.

00:17:07: Schokoladenmuseums ist euch dieses Thema ja auch ganz wichtig, wie geht ihr damit um.

00:17:11: Ja, wir haben ja also unter normalen Bedingungen viele, viele Schulklassen, die uns äh zu uns kommen, Schülerinnen und Schülern und äh denen wir versuchen, das Thema dann äh zu vermitteln. Und Geschichte wirkt da immer erstmal sehr abschreckend.

00:17:23: Aber ich meine, wenn man über Kolonialismus spricht, dann spricht man ja über Menschen.

00:17:27: Man spricht, wie man mit Menschen umgegangen ist. Man spricht ja auch über ein Menschenbild, das wir hatten. Also es gab ja eine Sicht der Europäer auf Afrikaner

00:17:36: von oben herab

00:17:37: Und das ist ja eine eine Sicht, die sich auch in vielen Kulturprodukten auch widergespiegelt hat. Also wir haben ja schon über den Kolonialwarenladen geredet, ne? Äh es gibt hier den Sarotti Mohren

00:17:49: der heute Gott sei Dank nicht mehr der Sarottimo, sondern der Magier der Sinne ist. Und golfarm ist und mit Sternen jongliert.

00:17:56:

00:17:57: Moment mal. Wieso konnte der Sarottimoor eine Werbefigur für Schokolade werden? Das können wir uns heute.

00:18:05: Es ist auch schon etwa 100 Jahre her. Sarotti war einmal eine bekannte Berliner Schokoladen- und Pralinenfabrik, die Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet wurde und bei der ein halbes Jahr.

00:18:18: 800 Menschen angestellt waren. Am Ende des Ersten Weltkrieges war die Fabrik in der Berliner Mohrenstraße angesiedelt.

00:18:27: Vermutlich den Werbegrafiker zu der Figur des Sarottimoen. Diese Figur blieb jahrzehntelang das Markenzeichen der Sarotti Schokolade.

00:18:37: Begriff Moor immer mehr verwandelte von einem ursprünglich wertfrei verwendeten Wort begreifen wir es heute als.

00:18:46: 204 reagierten die Marketingexperten der Stollwerk-AG endlich, zu der Sarotti mittlerweile gehörte. Sie verpassten dem Mohren einen goldenen Anstrich und nannten ihn fortan Magier des.

00:19:03: So, aber diese diese ganzen Darstellungen auch von Afrikanern, die ich auf Schokoladenverpackung finde, et cetera, die stehen ja auch für eine Sicht auf auf Menschen und das ist was, was da auf großes Interesse stößt,

00:19:17: sie ja auch kennen aus ihrem Lebensumfeld,

00:19:20: Das ist einfach unterschiedliche Menschen gibt. Wir sehen alle unterschiedlich aus. Wo auch im im Schulalltag, ich sage mal Diskriminierung und so weiter. Also wir wir gehen da auf ein sensibles Thema, auch auf ein schwieriges Thema. Das kann man auch nicht mal schnell in einer Stunde abhandeln

00:19:34: aber das ist ein Thema, dass die die Schülerinnen und Schüler einfach äh packt, was hat man mit Menschen gemacht und was macht man ja heute immer noch.

00:19:43: Also an dieser Stelle würde ich jetzt gerne noch einmal ansetzen. Thomas,

00:19:47: Wir haben ja viele über die historischen Entwicklungen jetzt gehört und gesprochen und es wurde auch mehrfach erwähnt, dass die Bedingungen heute noch nicht viel besser sind. Wie es damals war und dass es heute auch noch Kinderarbeit und Sklaverei in der Kakaoproduktion gibt.

00:20:01: Bedeutet das denn überhaupt ganz konkret? Wie ist das heute?

00:20:04: Ja, ich denke, für ähm also unseren Besucherinnen und Besuchern muss man das erstmal klarmachen. Also viele denken einfach, dass äh Sklaverei was Historisches ist, was es irgendwie früher mal gab und heute nicht mehr.

00:20:15: Und für uns ist es ganz, ganz wichtig, dass wir, dass wir zeigen, nee, Sklaverei ist etwas, was es heute tatsächlich noch gibt.

00:20:22: Also wir reden in Westafrika von circa 1,5 Millionen Kindern.

00:20:27: Ausgebeutet werden, die auf Kakao-Plantagen arbeiten und es gibt Zahlen von ungefähr 30.000 Kindersklaven,

00:20:35: die auf äh Plantagen tätig sind, die werden nicht mehr von Kolonialherren,

00:20:40: verschleppt, werden aber von Plantagenbesitzern gelockt mit Versprechungen,

00:20:46: auf diese Plantagen. Also da wird den Eltern erzählt, hier eure Kinder, wenn ihr uns die mitgebt, denen verschaffen wir Arbeit, die bekommen eine Ausbildung.

00:20:55: Werden bezahlt und das ist dann tatsächlich nicht so, sondern die arbeiten als Sklaven unentgeltlich auf Plantagen unter schlimmsten Bedingungen, ne?

00:21:04: So und so gesehen ist ist das Wirtschaftssystem, was was vor 15 Jahren entstanden ist, was auf Ausbeutung, auf Sklaverei beruht, ja im im Grunde gibt es das heute immer noch so, das hat sich bis in die Gegenwart äh fortgesetzt.

00:21:19: Puh, also das muss man ja auch dann immer erst mal sacken lassen und sich das auch wirklich nochmal so klar machen,

00:21:25: Es ist ja auch mit ein Grund für diese ganze Podcastreihe, dass wir dieses Thema besprechen wollen und uns damit auseinandersetzen wollen.

00:21:35: Das heißt, die Handelsbeziehungen heute folgen in gewisser Weise immer noch den gleichen Prinzipien.

00:21:41: Das heißt, für die Produktion von Schokolade heute, das ist große Gewinnmargen am Ende der Lieferkette gibt, also bei uns hier in Europa, während die Menschen in den Produktionsländern, da wo der Kakao angebaut und geerntet wird, die werden,

00:21:55: immer noch ausgebeutet.

00:21:57: Und ähm sind immer noch in Zwangsarbeit und erhalten immer noch, wenn überhaupt Hungerlöhne für ihre schwere Erntearbeit.

00:22:06: Dahinter lässt die süße Schokolade dann doch durchaus ein echt bitteren Nachgeschmack.

00:22:12: Geht es uns bei Chocolate Stories ja darum, zu gucken, was können wir daraus lernen, was können wir tun? Was sagst du da, was.

00:22:19: Erstmal bei uns anfangen, also ich sage im Zweifel sogar, äh wenn wir sagen, okay, am Ende sind's nur wir Individuen, also das sage ich nicht. Ne, aber ich darf sozusagen nicht es davon abhängig machen,

00:22:31: ob viele andere mitmachen und ob irgendwie die Politik und die Wirtschaft wirklich gewillt ist, was zu ändern. Ja, weil wenn ich selber davon als Mensch überzeugt.

00:22:40: Also man irgendwie die Werte, die man propagiert, auch ernst äh nehmen sollte, dann kann ich als Individuum gucken und das natürlich immer nur nach bestem Wissen und Gewissen, dass ich eben Produkte konsumiere,

00:22:52: die möglichst unser unter menschenwürdigen äh Bedingungen hergestellt worden sind.

00:22:56: Also auch ganz wichtiges Thema, wir werden auch in der eigenen Folge über die Verantwortung von Unternehmen und auch die politischen Möglichkeiten sprechen, auch was wir tun können, um das zu unterstützen, wenn wir mal bei dem Punkt,

00:23:07: bleiben verantwortungsvoll konsumieren. Thomas, was kann man denn da für Tipps geben, jetzt konkret beim Thema Schokolade? Was kann man da tun?

00:23:17: Ja, ich denke, der äh Serge hat ja eben auch schon ein bisschen gesprochen. Natürlich können wir als Einzelne, als Einzelner was tun.

00:23:23: Also ich glaube äh man darf es natürlich auch nie überschätzen und so Möglichkeiten sind begrenzt, aber wir haben natürlich Möglichkeiten. Also jeder kann entscheiden, äh welche Schokolade er kauft.

00:23:33: Kannst du den Tipps geben.

00:23:34: Man muss nicht immer die die billigste aus dem Supermarkt kaufen, sondern ich kann natürlich schauen, was für Schokolade gibt es. Und da gibt es einfach.

00:23:42: Also es gibt Toni Schokoloni zum Beispiel, eine niederländische Schokoladenfirma, die jetzt so langsam auf den deutschen Markt auch kommt.

00:23:49: Steht explizit drauf, wenn man die auspackt ohne Sklaven.

00:23:53: Genau, ohne Sklavenarbeit. Das ist deren großes Thema

00:23:56: Also das tatsächlich zu verhindern und zu schauen, dass ihre Schokolade Sklaven frei, Kinderarbeit frei äh produziert wurde. Ebenso, also da gibt es Möglichkeiten. Und natürlich, es gibt diverse Schokoladensiegel, also die kennen wir alle, das Fairtrade-Siegel beispielsweise kennt.

00:24:11: Bei Chocolate Stories hier auch nochmal eine eigene Folge ausschließlich zu Fairtrade machen.

00:24:16: Darüber gesprochen. Also da kann ich, kann ich entscheiden. So und einfach auch kritisch kritisch nachfragen. Aber ich sag's gerne, also ich bin jetzt schon seit Jahrzehnten im Schokoladengeschäft und ich sag mal die Verantwortliche

00:24:26: keit wurde immer unterschiedlichen Parteien und Positionen zugeschrieben. Alle sind verantwortlich. Konsument, die Konsument ist verantwortlich. Äh die Regierungen sind verantwortlich. Ich sage nur, Liefer

00:24:37: Gesetz äh wird wahrscheinlich auch mal Thema sein, denn.

00:24:40: Genau, werden wir auch drüber sprechen und auch da werden wir über Lösungen sprechen, wie,

00:24:45: ich jetzt zum Beispiel auch noch mit dazu beitragen durch die Unterstützung von verschiedenen Kampagnen, um deutlich zu machen, ich möchte ein Lieferkettengesetz und ich unterstütze das und ich

00:24:55: finde das wichtig.

00:24:56: Und auch kritisch nachfragen. Also wenn meine Lieblingsschokolade, die ich total gerne esse, warum fragt man nicht auch mal nach.

00:25:03: Und man hört, Leute, unter welchen Bedingungen wird eure Schokolade hergestellt? Also, wenn die Schokoladenindustrie auch nur machen kann und da keine Resonanz bekommt, dann dann äh machen die natürlich, was sie wollen.

00:25:14: Ich stimmen da zu und äh wichtig finde ich auch noch, dass wir natürlich auch immer gucken müssen, also was jetzt den Endkonsumenten, die Endkonsumenten betrifft,

00:25:23: Wer hat äh welchen äh Geldbeutel oder wie dick ist der jeweilige Geldbeutel

00:25:28: spielt natürlich eine Rolle. Also es ist ein Unterschied, ob ich jetzt als Großverdiener äh sage, ich gehe jetzt komplett äh meinen Einkauf immer im Biosupermarkt tätigen und da sind dann auch alle Produkte fair. Oder,

00:25:39: Selber kommen zum Beispiel aus einem Kontext, Arbeitermama, alleinerziehend,

00:25:43: die äh guckt halt natürlich auch zweimal, äh also welches Produkt sie kauft, ob der Kaffee dann fair ist und so weiter. Das muss man auch sehen und ich sage deswegen auch immer, entsprechend.

00:25:53: Des Geldbeutels und entsprechend auch halt der eigenen moralischen Wertevorstellungen kann man als äh Individuum viel tun, kann umso mehr natürlich in dem Bereich tun, desto eher ich natürlich auch über die Mittel verfüge. Aber wichtig finde ich nämlich dann in dem Kontext,

00:26:08: seitdem diese Plantagenökonomien entstanden sind, da kann man sich äh wirklich Texte aus einem 18. Jahrhundert durchlesen. Da zielen die Akteure, die eben auf Profit aus sind, darauf.

00:26:18: Den Massenkonsum in den Köpfen zunehmend zu verankern. Und das ist natürlich auch eine psychologische Geschichte, die wir angehen müssen. Also,

00:26:25: den Leuten, ohne dass das jetzt irgendwie sozusagen von oben herab kommt, aber auch wieder eine neue Beziehung zum Konsum,

00:26:32: beizubringen, in der mehr nicht immer automatisch besser ist, weil wenn ich weniger Fleisch zum Beispiel esse oder weniger Schokolade oder weniger Kaffee trinke, dann ist es auch einfacher für den kleineren.

00:26:43:

00:26:49: Wahnsinnig viel zu besprechen zum Thema Schokolade, Kolonialgeschichte, die Wirkung bis heute, was können wir tun, das machen wir auch weiterhin bei.

00:27:01: Wenn ihr noch mehr wissen möchtet zu den Themen, die wir besprochen haben, rund um Schokolade, dann schaut auf den Seiten von Engagement Global oder auch vom Schokoladenmuseum.

00:27:12: In unseren Shownotes findet ihr auch Links und die.

00:27:16: Stories. Das sind eine Produktion vom Schokoladenmuseum Köln und Engagement global im Rahmen des Programms.

00:27:23: Bildung in Deutschland und der Podcast wird finanziert mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und.

00:27:32: Gehören. Habt einen schönen Tag und ich hoffe, wir hören uns bei den nächsten Chocolate Storys.

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